Farbfächer auf Holz

Die psychologische Wirkung von Farben

Besonders beliebt sind Gedicht- oder Buchinterpretationen und –Analysen nicht unbedingt bei den Schülern. „Was möchte uns der Autor damit sagen?“ klingt für viele nach der typischen  Frage des Lehrers, der in jedem kleinsten Detail, in jedem noch so unscheinbaren Wort eine Aussage des Schreiberlings entdeckt. Während die Schüler in vielen Fällen keinerlei Beziehung zu diesem oder jenem Wort haben, spricht der Lehrer von einer psychologischen Wirkung auf den Leser.
Doch nicht nur bestimmte Worte haben eine bestimmte Wirkung auf den Leser. Besonders Farben sind ein beliebtes Stilmittel um die Szenen mit einer gezielten Stimmung zu unterlegen. Das gilt selbstverständlich nicht nur für Bücher und Gedichte, sondern ist universell gültig, wie Studien belegen.

Mit Farben Gefühle wecken

Besonders in der Fotografie ist das Spiel mit Farben von hoher Bedeutung. Einige Farben vermitteln einen einzigartigen Reiz, der die Aufnahmen von anderen abhebt. Ob nun bunte, satte Farben oder gar in schwarz-weiß – die Arbeit mit Farben in der Fotografie hat immer eine bestimmte Wirkung, ob man möchte oder nicht. Gleiches gilt nicht nur bei der Fotografie und der Nachbearbeitung der Fotos, sondern natürlich auch bei der Gestaltung – egal ob kommerziell oder privat. Um bei seinen Fotos oder den anschließenden Gestaltungsprodukten die beabsichtigte Wirkung zu erzielen, sollte man sich mit der Materie der psychologischen Farbwirkung besser vertraut machen.
Jede Farbe ruft eine bestimmte Reaktion beim Betrachter hervor. Dieser simple Grundsatz ist die Basis der Farbpsychologie. Die Reaktionen und die Gefühle der Betrachter angesichts einer Farbe mögen zwar nicht rational oder identisch zu den Reaktionen anderer Menschen sein, die Farben sind in der Realität nämlich immer auch an Formen, Umgebung und Situation gebunden. Auch ist die psychologische Wirkung von Erziehung und Tradition abhängig, weshalb Farben je nach Kulturkreis anders wahrgenommen werden können. Dennoch beschäftigen sich Menschen schon seit Jahrhunderten mit der Wirkung von Farben auf die Psyche des Menschen. Zahlreiche Studien befassen sich mit dem Thema und überschneiden sich zumindest in den grundsätzlichen Punkten.

Kalt und warm

Das Temperaturempfinden ist die Basis der Farbwahrnehmung des Menschen. Die Erfahrung der Jahreszeiten ist für eine unbewusste Einteilung der Farben in warm und kalt verantwortlich. Warme Farben wie Rot, Gelb oder auch grüne Töne finden sich im Sommer in der Natur wieder, rote und gelbe Farben zum Beispiel auch in der Flamme eines offenen Feuers und bedeuten für den Menschen somit Wärme. Blau und Türkis hingegen finden sich in der Natur im Wasser, im Eis oder im Schneeschatten wieder und werden daher mit Kälte assoziiert. Der Farbkreis ist daher prinzipiell auch in warme und kalte Farben eingeteilt, die sich dort gegenüber liegen.

Der Farbkreis

In der Farblehre geläufig sind vor allem die grundlegenden Farbkreise nach Goethe und nach Itten, die sechs bzw. zwölf Farben in zwei bzw. drei Ordnungen zuweist. Die Farben Rot, Gelb und Blau sind dabei die Primärfarben, Grün, Orange und Lila die Komplementärfarben, nach Itten gibt es noch weitere Zwischenstufen.
Der Farbkreis soll als grundlegende Darstellungsform von Farbbeziehungen dienen. Jede Farbe besitzt im Farbkreis auch eine Komplementärfarbe, also eine gegensätzliche Farbe. Nach Itten bildet sich in unserem Gehirn zu jeder gegebenen Farbe gleichzeitig die Komplementärfarbe. Dieses Wechselspiel der Farben geschieht unterbewusst und zwar immer subjektiv, dennoch kann bei der Gestaltung oder bei der Werbung im Allgemeinen gezielt mit Farben gearbeitet werden, um bestimmte Reaktionen bei den Betrachtern hervorzurufen.

Farben und ihre Wirkung

Verschiedene Farben haben verschiedene Wirkungen auf den Betrachter. Dabei werden die Farben sowohl mit positiven als auch mit negativen Eigenschaften assoziiert. Die wichtigsten Farben werden kurz vorgestellt:
Rot
Rot steht als warme Farbe für Liebe, Leidenschaft, Verführung oder Freude, aber auch für Aggressivität, Zorn, Hass. Rot ist die symbolische Farbe des Blutes und des Krieges, der Macht und des Mutes.
Gelb
Gelb ist Farbe der Sonne und daher eindeutig eine warme Farbe. Gelb wird assoziiert mit Freundlichkeit, Lebensfreude oder Optimismus. Neid und Eifersucht, Geiz, Egoismus und Unsicherheit sind hingegen negative Assoziationen der Farbe Gelb.
Blau
Blau ist zwar eine kalte Farbe, wie die anderen Farben ruft die Farbe Blau aber ebenfalls positive und negative Verknüpfungen hervor. Blau steht als Farbe des Himmels und des Meeres zum Beispiel für Harmonie, Treue, Ruhe, Zufriedenheit oder Phantasie, aber auch für Kälte, Ferne, Sehnsucht oder der Lüge.
Grün
Grün ist die Farbe der Natur und steht daher für Frische, Natürlichkeit, Jugend, Gesundheit, Lebendigkeit und Hoffnung. Als ausgleichende Kraft zwischen Rot und Blau ist Grün eher positiv als negativ besetzt. Negativ verknüpft wird die Farbe in ihrer reinen Form mit Unreife, grelles Grün kann aber auch giftig und dunkles Grün dämonisch wirken.
Orange
Orange ist als Mischung zwischen Rot und Gelb eine sehr warme Farbe und ist daher mit vielen Positiven Eigenschaften verknüpft. Orange steht für Lebhaftigkeit, Freude, Geselligkeit Ausgelassenheit und Spaß. Negativ hingegen ist die Künstlichkeit, Aufdringlichkeit oder die Angeberei.
Lila
Lila ist die Farbe des Mystischen und des Übersinnlichen. Früher galt Lila als edle und teure Farbe, da es nur schwer herzustellen war. Lila gilt deshalb auch als Farbe des Reichtums und der Macht und steht auch für Luxus, Extravaganz und Erhabenheit. Negativ besetzt ist Lila mit Eitelkeit, Untreue und Misstrauen, Schwermütigkeit und Unsicherheit.

Unbunte Farben

Schwarz
Schwarz gilt zwar nicht als Farbton, sondern als sogenannte unbunte Farbe, hat aber eine ebenso eine große Symbolik. So steht Schwarz für den Tod, das Böse und die Dunkelheit, für Trauer, Leere, Einsamkeit. Allerdings wirkt Schwarz in der heutigen westlichen Welt als modern, sachlich, kompetent und funktional.
Weiß
Weiß ist ebenfalls eine unbunte Farbe und bildet den Gegensatz zu Schwarz. Weiß steht als Farbe der Engel für Frömmigkeit Frieden, Unschuld, Reinheit und Sauberkeit. Während in den westlichen Kulturkreisen kaum Negatives mit der Farbe weiß verbunden wird, steht sie hingegen in China für den Tod und die Trauer.
Grau
Grau ist ebenfalls eine unbunte Farbe. Grau steht für Neutralität und Sachlichkeit, Unaufdringlichkeit und Nüchternheit, aber auch für Trostlosigkeit, Kraftlosigkeit, Eintönigkeit und Elend.

Fazit

Die unterschiedliche Wirkung von Farben ist enorm und nicht zu unterschätzen. In der Werbung und der Gestaltung ist die Farblehre und die Farbpsychologie ein wichtiger Grundstein in Theorie und Praxis. Auch in der Fotografie ist die Arbeit mit Farben essentieller Bestandteil.
Wer also zukünftig ganz gezielt bestimmte Gefühle und Reaktionen bei Betrachtern seiner Fotos oder seiner Gestaltungsprodukte auslösen möchte, sollte über die bewusste Einbeziehung von Farben nachdenken. Möglicherweise fragen sich die Betrachter später auch, was der Fotograf oder Gestalter mit dieser oder jenen Farbe sagen wollte.